Schnittstelle Bildungs- und Gesundheitswesen
Dr. Oliver Döhrmann ist seit Februar 2018 Geschäftsführer der RuhrFutur gGmbH. Ziel von RuhrFutur ist es, das Bildungssystem in der Metropole Ruhr leistungsfähiger zu gestalten, damit alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Ruhrgebiet unabhängig von ihrer Herkunft faire Chancen auf Bildungszugang, Bildungsteilhabe und Bildungserfolg haben.
Gefragt im Revier: Schnittstelle Bildungs- und Gesundheitswesen, Oliver Döhrmann
- 1. Bildungseinrichtungen (Kita & Schule) erreichen die Kinder in ihrem Lebensraum. Wie kann dieses Potenzial mit Blick auf die Förderung der Gesundheit noch stärker ausgeschöpft werden?
Zentral ist es aus meiner Sicht, von den Bedarfen des Kindes und seiner Familie ausgehend Entwicklungen zu betreiben. Relevante Angebote können so am besten identifiziert und potenziell bestehende Hürden systematisch abgebaut werden. Ein Schlüsselfaktor ist dabei die sozialräumliche Vernetzung von Bildungseinrichtungen mit weiteren Bildungsakteuren, die gesundheitsbezogene Angebote im Quartier offerieren, beispielsweise Einrichtungen der Familienbildung und -beratung. Im Bereich der frühkindlichen Bildung sind die Familienzentren gute Ankerpunkte, die mit den neu etablierten Familiengrundschulzentren eine wichtige Entsprechung im sich der frühen Bildung anschließenden Bildungsabschnitt Schule gefunden haben.
- 2. Projekt Kinderstuben – Was ist der Unterschied zur herkömmlichen Kindertagespflege?
Die wichtigsten Erweiterungen im Modell der Kinderstuben sind der optimale Betreuungsschlüssel von max. drei Kindern je Tagespflegekraft, die strukturierte Einbindung der Eltern sowie feste Kooperationen mit sogenannten Anker-Kitas, in die die Kinder im Regelfall nach einem Jahr wechseln. Eine sozialpädagogische Fachkraft im Umfang von zehn Wochenstunden ermöglicht insbesondere die systematische Zusammenarbeit mit den Eltern und übernimmt zugleich eine wichtige Lotsenfunktion. Diese erlaubt es, sehr niedrigschwellig auch gesundheitsbezogene Fragen gemeinsam mit den Eltern zu thematisieren und sie bei der Umsetzung zu unterstützen. Die Kinderstuben sind zudem im Sozialraum exzellent vernetzt – sie werden deshalb insbesondere in Quartieren mit multiplen Herausforderungen aufgebaut.
- 3. Systemübergreifende Kooperationen stellen uns vor Herausforderungen – was bedarf es, um die Kooperation zwischen Bildungs- und Gesundheitswesen zu stärken?
Für nachhaltig wirksame Kooperationen verfolgen wir bei RuhrFutur den Ansatz des Gemeinsamen Wirkens. Erfolgsfaktoren von Kooperation sind dabei a) sich wechselseitig verstärkende Aktivitäten, b) kontinuierliche Kommunikation und Vernetzung der Partner, c) gemeinsame Daten und Indikatoren, anhand derer Veränderung festgestellt werden kann und d) eine starke Koordinationsinstanz. Gute Beispiel, wo einzelne dieser Faktoren für die Kooperation dieser beiden Sektoren umgesetzt wurde, gibt es bereits, wie eine die Themen Bildung und Gesundheit integrierende kommunale Bildungsberichterstattung. Kooperation, gerade über Sektorengrenzen hinweg, ist jedoch anspruchsvoll. Sie kann nicht im Nebenamt gelingen, sondern braucht Menschen und Mittel, um sie tagtäglich voranzubringen.