Gesundheitliche Implikationen von Einsamkeit im Kindes- und Jugendalter
Kongress für Kinder- und Jugendgesundheit am 24. Mai 2025
Gesundheitliche Implikationen von Einsamkeit im Kindes- und Jugendalter
Das subjektive Gefühl von Einsamkeit nimmt Einfluss auf die psychische Gesundheit. Gleichzeitig können bestehende gesundheitliche Probleme nicht selten dazu führen, dass junge Menschen in eine Isolation geraten, die ihrerseits wiederum Einsamkeitsgefühle mit sich bringt. Gesundheit und Einsamkeit sind somit zwei Aspekte die sich gegenseitig beeinflussen und im schlimmsten Fall sogar verstärken. Sie stehen damit in einer direkten Wechselbeziehung, die es auch epidemiologisch zu betrachten gilt.
Doch auch wenn das Thema der Einsamkeit in den letzten beiden Jahren sowohl vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frau und Jugend und der Landesregierung Nordrhein-Westfahlen aktiv angegangen und mit vielen Projekten und Initiativen hinterlegt wird, steht die Forschung noch ziemlich am Anfang. Zur Betrachtung der Implikationen von Einsamkeit und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen existiert sogar noch weniger Evidenz, auf der Lösungsansätze und Gegenmaßnahmen aufsetzen können.
Der Kongress GESUND AUFWACHSEN IM REVIER! wagte hier dennoch einen Einstieg. So stellte Anne Neuber von der Professur für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, Universität Witten/Herdecke in ihrer Keynote fest, dass das Kindes- und Jugendalter epidemiologisch hinsichtlich insbesondere in der Coronazeit eine verstärkte Steigerung der Einsamkeit im Vergleich mit anderen Altersgruppen erfuhr. Diese gingen nach der Pandemiephase auch nur in geringerem Maße zurück als bei anderen Altersgruppen. Mögliche Ursachen liegen u.a. in einem mangelhaften Erlernen von Beziehungskompetenzen, dessen Auswirkungen sich kontinuierlich in nachfolgenden Lebensphasen fortschreiben. Ursachen für die vergleichsweise hohe Einsamkeitslast liegen aber auch in altersspezifischen Risikofaktoren begründet. So identifiziert die Entwicklungspsychologie insbesondere im Kindes- und Jugendalter sogenannte Vulnerabilitätsfenster.
Für das Ruhrgebiet braucht es eine gemeinsame Aktion
Die Initiative GESUND AUFWACHSEN IM REVIER! hat mit seinem gleichnamigen Kongress und seiner großen Community in den letzten 10 Jahren an verschiedenen Stellen Handlungsbedarfe in der Kinder- und Jugendgesundheit beschrieben. Daraus sind an der Ruhr bereits einige Ansätze entwickelt und Projekte konzipiert worden, die auf dem Kongress ihren Anstoß fanden, wie Dr. Uwe Kremer von MedEcon Ruhr in seinem Rückblick auf 10 Jahre GESA betonte. Hinsichtlich der Fragestellungen zur Einsamkeit ist der Bedarf in jedem Fall groß, so dass sich die Plenumsteilnehmer:innen einig darüber waren, dass auch hier ein Anlauf zu einer gemeinsamen Aktion gestartet werden müsse.
Dass eine solche Aktion nicht aus dem Gesundheitswesen allein heraus gestaltbar ist, wurde nicht zuletzt in den drei Fachforen im Nachmittagsbereich deutlich. Unter den Titeln
- Entwicklungspsychologische Auswirkungen von Einsamkeit (Forum I)
- Einsamkeit und Mediennutzung (Forum II)
- Vulnerabilität, Einsamkeit und Gesundheit (Forum III)
diskutierten Vertreter:innen aller relevanter Sektoren über das Ineinandergreifen von Ursachen sowie von Lösungsansätzen. Denn klar ist, dass das Gesundheitswesen zwar zur Detektion von Einsamkeitssymptomen beitragen kann; insbesondere bei psychischen Erkrankungen wird der Zusammenhang augenscheinlich. Gesundheitliche Faktoren stellen gleichzeitig auch Risikofaktoren für Einsamkeit dar, wie es z.B. bei chronischen Erkrankungen der Fall ist. Viele der Ursachen von Einsamkeit sind allerdings nicht in gesundheitlichen Kontexten zu suchen, so dass es für Gegenmaßnahmen immer des Schulterschlusses der Akteure aus Gesundheitsversorgung, Bildungseinrichtungen und der Jugendhilfe bedarf.
Es braucht auch ein Gesundheitsziel zur Einsamkeit

Die abschließende Podiumsdiskussion am Vormittag. v.l.: Frederike Römer, Dr. Sabine Schipper, Anne Neuber, Sabine Deutscher, Prof. Dr. Thomas Lücke und Nicole Neises-Weiler
Die gesundheitlichen Auswirkungen von Einsamkeit sind trotz der Aktivitäten wie der Einsamkeitsstrategie des Bundesfamilienministeriums und des Aktionsplans der NRW-Landesregierung haben noch nicht ausreichend Aufmerksamkeit gefunden. Gleichzeitig besteht eine Diskrepanz darin, dass der Schwerpunkt der Maßnahmen auf ältere Menschen gelegt wird, die größte Gruppe der von Einsamkeit betroffenen aber die der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist.
Daher sollte sich ein etwaiges „Gesundheitsziel Einsamkeit“ in einem Schwerpunkt auch mit der Gruppe der Heranwachsenden befassen. Erste Sondierungen dazu laufen bereits.