Erfolgreicher Auftakt für gemeinsames Handeln
GESUND AUFWACHSEN IM REVIER! – Unter diesem Anspruch trafen sich auf Initiative von MedEcon Ruhr am 7. Februar 2015 rund 230 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum ersten Ruhrgebietskongress für Kinder- und Jugendgesundheit im Hotel Franz (am Franz-Sales-Haus) in Essen.
Nach den Grußworten des Essener Oberbürgermeisters Reinhard Paß und des MedEcon-Vorsitzenden Prof. Dr. Karl-Heinz Jöckel stellte MedEcon-Geschäftsführer Dr. Uwe Kremer ein gemeinsames Statement vor, auf das sich der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte NRW, die Arbeitsgemeinschaft der Kinder- und Jugendkliniken im Ruhrgebiet sowie die AOK Rheinland/Hamburg, die Barmer GEK, die Knappschaft und die Techniker Krankenkasse im Vorfeld des Kongresses verständigt hatten. Auch wenn dieser Aufschlag aus dem Gesundheitswesen komme, ziele er – so Uwe Kremer – ausdrücklich auf das Zusammenwirken von Gesundheits- und Sozialwesen bzw. der verschiedenen Berufsgruppen. So habe es im Vorfeld des Kongresses auch Gesprächsrunden mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Jugendhilfe, aus den Gesundheitsämtern und aus den Wohlfahrtsverbänden gegeben. In dieser Perspektive wolle sich auch MedEcon Ruhr weiter engagieren.
Kinder- und Jugendgesundheit – Zentrales Thema der NRW-Präventionsstrategie
Auf die große Bedeutung von Investitionen in die Kinder- und Jugendgesundheit wies die Ministerin für Innovation, Forschung und Wissenschaft des Landes NRW, Svenja Schulze, in Vertretung der Ministerpräsidentin mit ihren Eröffnungsworten hin. Es handele sich um Prävention für den weiteren Lebensverlauf und sei Teil der von der Landesregierung verfolgten Präventionsstrategie. Danach gab Prof. Dr. Peter Strohmeier, Leiter der Evaluation des Modellvorhabens „Kein Kind zurücklassen! Kommunen in NRW beugen vor“, einen datenbasierten Einblick in die Zusammenhänge von sozialer Lage und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen im Ruhrgebiet. Er plädiert für eine hochgradig differenzierte problemgerechte Herangehensweise: Regional tiefgegliederte Analysen können und sollen den Akteuren vor Ort hierfür als Grundlage dienen.
Kassen, Mediziner und Kommunen: Verschiedene Sichtweisen
Anschließend wurde die Thematik aus Sicht der Kommunen, der Krankenkassen sowie Ärzte und Kliniken beleuchtet. Hierbei wurden auch die Rahmenbedingungen regionalen Handelns klar benannt. So erläuterte Margrit Glattes (AOK Rheinland/Hamburg) das kommende Präventionsgesetz mit seinen neuen Möglichkeiten in der lebensweltlichen Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen. Andererseits betonten Dr. Thomas Fischbach (BVKJ) und Andreas Wachtel (Vertreter der Kinder- und Jugendkliniken) strukturelle Schieflagen in der Finanzierung, die u.a. auf der mangelnden Berücksichtigung alters- und familienspezifischer Aspekte in der Gesundheitsversorgung beruhten. Carola Geiß-Netthöfel (Regionalverband Ruhr) betonte aus kommunaler Sicht die Bedeutung gemeinschaftlich organisierter Ansätzen in der gesundheitlichen Prävention von Kindern und Jugendlichen und verwies auf die besonderen Erfahrungen und Kompetenzen der Jugendhilfe, was auch aus dem Plenum unterstützt wurde.
Medizinische Versorgung im regionalen Netz
Während es am Vormittag eher grundsätzlich um Herausforderungen und Perspektiven der Kinder- und Jugendgesundheit an der Ruhr ging, wurde es in den anschließenden Workshops konkreter. So stand das Forum I „Medizinische Versorgung im regionale Netz“ ganz im Zeichen einer über Stadtgrenzen hinweg gehende Zusammenarbeit in der medizinischen Versorgung, wobei auch hier die interprofessionelle Zusammenarbeit mit anderen Heil- sowie pädagogischen und sozialen Berufen eine wichtige Rolle spielte. In der Diskussion wurde aber auch eine latente „Projektitis“ angesprochen. Insbesondere bei der Ausweitung und Übertragung von Modellansätzen in die Regelversorgung gebe es besondere Hemmnisse auf struktureller, rechtlicher und politischer Ebene. In ihrer zeitlichen Befristung und in ihrer Fokussierung auf Neuartigkeit bestehe die Gefahr, dass sie eine nachhaltige Etablierung erprobter Versorgungslösungen de facto konterkarieren.
Kein Kind zurücklassen: Prävention und Gesundheitsförderung in der sozialen Stadt
Das am stärksten frequentierte Forum II „Prävention und Gesundheitsförderung in der sozialen Stadt“ beschäftigte sich mit Präventionsmodellen, die im Schnittfeld von Medizin, Bildung und Sozialem angesiedelt sind. In den Beiträgen und Diskussionen wurde deutlich, dass die Qualität der berufs- und sektorübergreifenden Kooperation sowohl von persönlichen Kontakten als auch von einer sorgfältigen institutionellen Verankerung abhängt. In der Sache standen gesundheitsbezogene Lebens- und Verhaltensweisen im Mittelpunkt des Forums, wobei vielfach auf die zentrale Bedeutung des Medienkonsums hingewiesen wurde. Insgesamt gibt es einen großen Bedarf, präventive und gesundheitsfördernde Ansätze stärker nach Altersstufen zu differenzieren – nicht zuletzt, um dem hohen Anspruch durchgängiger „Präventionsketten“ gerecht zu werden.
Spitzenmedizin für Kinder und Jugendliche: Forschung und Innovation von der Ruhr
Im dritten Forum wurden unter dem Titel „Spitzenmedizin für Kinder und Jugendliche: Forschung und Innovation von der Ruhr“ Einrichtungen und Projekte mit – auch im überregionalen Vergleich – besonderer Prominenz vorgestellt. Machte gerade die Unterschiedlichkeit der vorgestellten medizinischen Schwerpunkte den besonderen Reiz des Forums aus, so wurden zugleich auch übergreifende Fragestellungen deutlich. Insbesondere die sogenannte Transition, also der Übergang von der Versorgung Jugendlicher zur Erwachsenenmedizin, wurde durchgängig als Herausforderung bezeichnet. Dieses Thema wird zweifellos zu den Schwerpunkten in der weiteren Zusammenarbeit zählen.
MedEcon Ruhr: Ausblick und Agenda
Mit eigenen Mitteln wie auch mit Unterstützung des Landes möchte MedEcon Ruhr dafür sorgen, dass der erfolgreiche Kongress keine Eintagsfliege bleibt und Kinder- und Jugendgesundheit Schritt für Schritt zu einem regional und überregional bestimmenden Thema wird. Mit diesem Anspruch möchte MedEcon Ruhr eine gemeinsame regionale Agenda mit folgenden drei Dimensionen initiieren:
- Information und Kommunikation, Transparenz und Austausch – regionsweit und über Sektoren und Berufsgruppen hinweg
- Entwicklungspartnerschaften und innovative Projekte: MedEcon steht hierfür als Unterstützer und Dienstleister bereit
- Benennung struktureller Problemlagen und Formulierung sozialpolitischer und -rechtlicher Anforderungen
Die Kongresspremiere war ein erster Schritt. Er diente vor allem dazu, einen Überblick zu bekommen – über verschiedene Sichtweisen auf das Thema „Kinder- und Jugendgesundheit“ und über das breite Spektrum von Projekten, Initiativen und Kompetenzen, das sich in eindrucksvoller Weise in den drei Foren des Kongresses darbot. Dieser regionalen Transparenz dient auch unsere Website, zu deren Nutzung und Weiterentwicklung wir alle interessierten Akteure hiermit herzlich einladen. Der nächste Kongress im Frühjahr 2016 soll sich dem intensiven Austausch über Problemkreise und Lösungswege widmen.